Silhouetten
 
eine sprach eine deutsche Wahrheit aus! – Was da hinzieht über die stillen Moorflächen? Sind das die wehenden /
Schwaden des Frühnebels? Für meine träumenden Augen sieht es aus [wie] ein rasch und fröhlich schreitender Marinezug von grau gekleideten /
Männern und Jünglingen. Und in der Stille, die mich umgibt, hört meine Seele ein brausendes jubelndes Siegeslied: „Deutschland, Deutschland /
über alles!“
 
An meiner Seite sagt eine halblaute, ruhige Stimme: „Der Tag kommt. Wir müssen Deckung nehmen.“
 
Wir sindAuf einige Hundert Meter sind wir bei der feindlichen Stellung. Zu sehen ist sie nicht. Die Ruinen verbrannter Fermen, /
Baumreihen, Hecken und Büsche verschleiern den von Dixmuiden nach Nieuport führenden /
Eisenbahndamm, hinter dem die Belgier und Engländer liegen. Bei Ramscapelle führt [recte fährt] aus der /
grauen Morgendämmerung ein langer Feuerstrahl heraus, und nach geraumer Weile hören wir fast zu gleicher Zeit /
den Abschuss und den dröhnenden Einschlag der Granate. Dabei zittert der Boden ein bisschen. „Das Morgengebet!“ /
Es hat begonnen und nimmt kein Ende mehr.
 
Die Sterne sind erloschen, der Himmel ist klar und hell geworden. In der Kälte des Morgens bedecken /
sich die seichten Wasserflächen mit Eiskrusten. Am östlichen Horizont entzündet sich ein langer orangefarbener Feuerstreif /
und entzündet verwandelt alle Dinge, die vor ihm stehen, in zierliche tintenschwarze Silhouetten. /
Auch das Wasser des Yserkanales, den wir bei erwachendem Tag erreichen, ist noch immer schwarz. /
Ein Soldat paddelt in einer kleinen Zille und pfeift ein Liedchen, während er die Fischreusen legt hebt, die /
er am Abend auslegte. Ich überschreite den Notsteg, und das schwarze Wasser des Kanales, die Glut des Morgens /
spiegelnd, wird zu einem leuchtenden Blutstrom. Ein wundervolles Bild. Ich möchte stehen bleiben und schauen, /
aber wir müssen weiter. Zur Linken und Rechten sehe ich hinein in die hinter dem Damm liegenden Schützengräben – /
und die verwinkelten Erdgebilde, die mir in der Nacht wie völlig leblos erschienen, sind Schulter an Schulter